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öffentliches Baurecht

Kündigung des Bauvertrages aus wichtigem Grund

Ist in einem Bauvertrag, dem die VOB/B zugrunde liegt, vereinbart, daß der Auftragnehmer innerhalb bestimmter Frist eine Vertragserfüllungsbürgschaft stellen muß, so kann der Auftraggeber den Bauvertrag nicht aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Auftragnehmer die vertraglich vereinbarte Bürgschaft nicht rechtzeitig stellt.

Der Entscheidung des OLG München lag der Fall zugrunde, daß die Parteien eines VOB-Vertrages vereinbart hatten, daß der Auftragnehmer eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme stellen sollte. Nach Ausführungsbeginn forderte der Auftraggeber die Bürgschaft, worauf der Auftragnehmer trotz Fristsetzung und Kündigungsandrohung nicht reagierte. Daraufhin kündigte der Auftraggeber nach Fristablauf aus wichtigem Grund gem. § 8 Nr. 3 VOB/B und machte Mehrkosten für einen Ersatzunternehmer in Höhe von DM 30.000,-- geltend.

Das OLG München hat entschieden, daß der Auftraggeber den Vertrag nicht aus wichtigem Grund kündigen kann, wenn der Auftragnehmer eine vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft nicht stellt.

Das Gericht stützt seine Entscheidung im wesentlichen auf die abschließenden Regelungen der VOB, die für den Fall der vereinbarten Vertragserfüllungsbürgschaft gelten. Nach § 17 Nr. 7 VOB/B muß der Auftragnehmer die Bürgschaftsurkunde innerhalb von achtzehn Werktagen nach Vertragsabschluß vorlegen, wenn keine abweichende Frist vertraglich vereinbart ist. Für den Fall, daß der Auftragnehmer die Bürgschaft nicht innerhalb dieser Frist leistet, kann der Auftraggeber von den fällig gestellten Rechnungen des Auftragnehmers einen Betrag in Höhe der vereinbarten Sicherheit einbehalten. Das Gericht argumentiert, daß neben diesem Sicherheitseinbehalt eine anderweitige Sanktion, also auch die Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 8 Nr. 3 VOB/B nicht vorgesehen ist.

Die Entscheidung des OLG München ist in der Fachwelt nicht unumstritten. Entgegen der Auffassung des Gerichts wird vertreten, daß die Pflicht des Auftragnehmers zur Stellung einer vereinbarten Sicherheit eine "wesentliche Hauptpflicht" aus dem Vertrag darstellt; werde diese "wesentliche Hauptpflicht" verletzt, gebe dies dem Auftraggeber das Recht, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen bzw. Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gegen den Auftragnehmer zu richten.

Im Falle eines VOB-Vertrages spricht vieles dafür, daß die Vorschriften in § 17 Nr. 7 VOB/B abschließend die Regelungen für den Fall enthalten, daß eine vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft nicht gestellt wird. Für den BGB-Bauvertrag kann dies jedoch nicht gelten. Hier verletzt der Auftragnehmer in der Tat eine wesentliche Hauptpflicht des Bauvertrages, wenn er die vertraglich vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft nicht rechtzeitig stellt.

(OLG München, Urteil vom 14.01.1998 - 27 U 397/97)


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